“Homage”: der neue alte Jimmy Somerville

You and me together, fighting for our love …Can you tell me why? Die Worte sind Liebeskummer pur. Don´t leave me this way … Seine Lieder gehört zum Soundtrack meines Lebens.  Jimmy Somerville war die Stimme von Bronski Beat und den Communards. Sein außergewöhnlicher Falsett-Gesang hat mich in glücklichen und in unglücklichen Situationen begleitet. So klingt das Gefühl, irgendwie nicht dazu zu gehören. Am Rande der Tanzfläche zu stehen und die Tanzenden wie in einer Filmszene wahrzunehmen. Ganz nah und doch so weit weg. Egal, ob als schwuler junger Kerl in Großbritannien oder als trauriges Hetero-Mädchen in Norddeutschland. Teenagerleben in den 80ern.

Was macht der Mann eigentlich heute?

Jimmy Somervilles Hits werden noch immer im Radio gespielt, aber er war reichlich jung, als er schon große Erfolge sammelte. Den letzten Hit landete Somerville 1995 mit “Heartbeat”, ein Lied, das ich ehrlich gesagt, gar nicht kenne. Komischerweise hörte ich gerade seine “Best of …” CD, als eine Freundin mich anrief: “Heute Abend ist in Volksdorf ein riesiges Open Air-Fest, da kommt auch dieser Typ von Bronski Beat.” Es passte. Ein lauer Spätsommerabend. Voll war es auf dem Marktplatz, eine riesige Bühne. Und dann kam ein zarter Mann. Mit unverkennbarer Falsett-Stimme.

Homage ist das neue Album von Jimmy Somerville

Auf dem Sommerkonzert war der Bart ab … © Promo/ Jimmy Somerville.co.uk

Jimmy Somerville ist heute 54 Jahre alt. Dass er nicht gealtert ist, wäre gelogen. Aber viel Haupthaar hatte er eh nie. Ja, auch er trat viel auf 80er Revival-Konzerten auf. Aber anders als andere hat er nie aufgehört Musik zu machen. Saß nicht in Dschungelcamps herum.

Bei seinem Auftritt spielt er seine Hits von früher. Aber auch Lieder aus seinem neuen Album “Homage”. Sein Gesang klingt nicht mehr ganz wie früher. Noch immer steigt die Stimme unendlich hoch, aber da ist ein neuer Unterton. Somerville klingt jetzt rauer, rauchiger. Ich mag das. Seine alten Lieder variiert er. Und er singt wirklich live. Kein Playback. “Let me take you back to the 80s”, sagt er auf Englisch. Vorher entschuldigt er sich: “Meine Deutsch ist scheiße.” Aber sein Auftritt nicht, der ist klasse. Und wirklich, ich singe und tanze plötzlich mit. Und nicht nur ich. Auch die Menschen neben mir gucken verträumt und singen jeden Refrain laut. Irgendwie sind wir alle gerade wieder dreißig Jahre jünger. Heute ohne Pickel, dafür mit ersten Fältchen …

Homage: Ein neues Album das wirklich ein Hommage ist

Somerville spielt nicht nur seine größten Hits, er singt auch zwei Stücke aus seinem aktuellen Album. Und auch die gefallen mir. Es ist das Album, das tatsächlich an seine früheren Erfolge anschließen könnte. Der Titel ist klug gewählt: Homage. Im Englischen klaut man der Hommage ein “m”. Den öffentlichen Ehrenerweis zollt Jimmy Somerville der fröhliche Disco-Ära, musikalisch nicht so weit weg von seinen Wurzeln und doch mit neuen Facetten.

Das Album wurde in London aufgenommen und in Hamburg gemischt. Vielleicht ist es die hanseatische Zurückhaltung, die bewirkt, dass der Zauber der Scheibe erst so richtig beim mehrmalige Hören wirkt? Lieder wie “Back to Me” haben es jedenfalls in sich. Streicher, üppige Bäse, ein Chor. Irgendwie fangen die Füße allein an zu wippen. Auch “Travesty” und “Some Wonder” haben Hit-Potential. Und während es in den Liedtexten von einst oft um Liebeskummer ging, sind es heute andere Themen. Die der 40-somthings … “Time is fast, time is fast, time is fast/going away”. Die Zeit rast, aber ein positives Lebensgefühl bleibt.

Wer selbst mittanzen möchte und Jimmy Somervilles neuen und alten Sound hören möchte, hat dazu im nächsten Jahr dazu Gelegenheit, denn gerade wurde für 2016 eine Deutschland-Tournee angesagt.

Hier ist ein Clip vom Konzert in Hamburg-Volksdorf, der die Stimmung gut zeigt. Ein Dank an Peter Reincke, der das Bild ganz oben beim Auftritt am Hamburger Stadtrand aufgenommen hat und uns zur Verfügung stellte …

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