Modetrend aus der Hölle: Sans Culottes, s’il vous plaît!

Liebe Modemacher, wir müssen reden. Schon bei so manchen Trends der letzten Jahre habe ich mich spontan gefragt: Wie könnt ihr uns das antun? Habt ihr noch nie einen Frauenkörper gesehen? Wisst ihr nicht, dass das alt, dick, blass macht, oder alles auf einmal? Seid ihr farbenblind, formblind oder hattet ihr am Zeichentisch einfach nur einen ganz dollen Kater von der letzten Fashion Week? Und dann habe ich mich schleichend an den Anblick gewöhnt und euren seltsamen Kram doch verschämt in meinen Kleiderschrank verräumt: 20-Zentimeter-Plateausohlen (1998), Extremspitz-Zickenschuhe (2001), Sahnebaiser-Rüschenshirts (2003), Mad-Men-Schluppenblusen (2010).

Modetrend aus der Hölle Culottes

Frau im Spiegel: Culottes stehen nicht mal Schaufensterpuppen (c) Verena Carl

 

Dank Culottes: 15 Kilo in in drei Sekunden

Aber jetzt, liebe Modetanten und –onkel, jetzt habt ihr den Bogen überspannt. Denn in diesem Herbst wollt ihr uns allen Ernstes in Culottes sehen. Klingt nach französischer Revolution, ist aber das Gegenteil von französischer Eleganz. Ein Modetrend aus der Hölle. Unentschiedene 7/9-Länge bis kurz übers Knie, gerade geschnitten und weit, als hättet ihr klammheimlich eine kleine fiese Wette untereinander abgeschlossen: Wer schafft es, eine Hose zu entwerfen, die selbst Size-Zero-Models Elefantenstampfer zaubert und knochige Barbie-Schaufensterpuppen zu kleinen drallen Dingern macht? Die im Hosenbundumdrehen 15 gefühlte Kilo mehr auf die schmalsten Hüften zaubert? Ich kann euch sagen, ihr habt alle gewonnen. Und wir fühlen uns ein bisschen verloren. Vor allem die unter uns mit Size 8 and up. Ich meine: Es mag ja sein, dass 17jährige Langbeinwunder eure Trendteile tragen können, ohne mitleidige Blicke zu ernten. Aber das fällt eher in die Kategorie „einen schönen Menschen kann nichts entstellen.“ Ach, übrigens, auch der Name ist ja eigentlich Etikettenschwindel. Die französischen Originale sahen eher aus wie Prachtausgabe der Wanderer-Kniebundhose. Was ihr da so bundlos um unsere Waden baumeln lasst, erinnert eher an das Key Piece meiner Grundschullehrerin aus den 70ern: den guten alten Hosenrock.

 

Culottes sind gruselig, aber Ponchos nicht

Feiner Gegentrend (c) Verena Carl

Ponchos: Ein Gegenmittel zum Modetrend aus der Hölle?

Aber, liebe Modemacher, wo so viel Schatten ist, da ist auch Licht. Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle artig dafür bedanken, dass ihr für diesen Herbst gleichzeitig etwas richtig Cooles geschaffen hat, das nun wirklich jedem steht, unabhängig von Form und Größe: Ponchos zum Reinschlüpfen.  Die pimpen selbst die simpelste Jeans-und-Pulli-Kombi in Sekundenschnelle lassen und jede noch so praktische „Übergangsjacke“ alt aussehen. Nur leider, leider: Eure scheußlichen Culottes können sie nicht verhüllen. Vielleicht solltet ihr mal über ein bodenlanges Maxi-Modell nachdenken. Also kriegt euch wieder ein: War lustig, euer Hosenwitz. Und nächstes Mal entwerft ihr uns wieder was Schönes, ja? Mit besten Herbstgrüßen, Verena

One Reply to “Modetrend aus der Hölle: Sans Culottes, s’il vous plaît!”

  1. Claudia Braunstein

    Hallo Verena, jetzt erspare ich mir einen Beitrag zum leidigen Thema Culotte, die ja gar keine Culotte sind zu schreiben. Herzlichen Dank für den punktgenauen Artikel 😉 Liebe Grüße aus Salzburg, Claudia

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