Erst gab es Rührei. Dann zogen wir uns aus. Am Ende des Tages waren wir schlauer. Mit diesen drei Sätzen lässt sich zusammenfassen, welches Abenteuer ich am vorvergangenen Freitag erlebt habe: ein Jahresziel-Coaching beim „Inspirationstag am Pool“, veranstaltet von der Kommunikationsberaterin Susanne Westphal, mein verspätetes Weihnachtsgeschenk an mich selbst. Das Prinzip: Zehn, fünfzehn Frauen aus ganz verschiedenen Branchen verbringen einen Tag miteinander und kommen dabei auf Ideen. Ideen, auf die sie weder allein am Schreibtisch gekommen wären, noch bei einer klassischen Coaching-Sitzung. Das liegt zum Teil daran, dass Fachfremde vielleicht fachfremd sind, aber nicht betriebsblind, und deshalb manchmal genau die richtigen Fragen stellen. Es ist eben ein Unterschied, ob Journalistinnen nur mit Journalistinnen über ihre beruflichen Perspektiven reden. Oder auch mit Lomi-Lomi-Therapeutinnen, Trauerrednerinnen und Unternehmensberaterinnen. Oder Angestellte mit Selbstständigen – und Berufsanfänger mit 50-somethings. Zum Teil liegt’s aber auch daran, dass sich alle nackig machen. Und das ist nicht nur metaphorisch gemeint.
Jahresziel-Coaching: Networking ist keine Einbahnstraße
„Auf die Idee mit dieser Gruppenveranstaltung in Wellness-Umgebung bin ich vor ein paar Jahren gekommen, als ich mit einer Klientin einen ganzen Tag lang im Spa gearbeitet habe“, erzählt Susanne Westphal. „Am Abend waren wir nicht nur rundum erholt, sondern hatten auch inhaltlich deutlich mehr erreicht als einer klassischen Büro-Umgebung.“ Daraus hat sie eine eigene Geschäftsidee gemacht: eintägige Workshops vom Kennenlern-Frühstück über Spaziergang und Sauna-Runden bis zum Abendessen. Jedes Jahr im Januar, meist einmal in Hamburg und einmal am Chiemsee, wo sie lebt und arbeitet. Ziel: sich dabei gegenseitig befragen, auf Ideen bringen, ein Netz weiblicher Unterstützung weiterknüpfen, in dem die Anwesenden selbst zu Knotenpunkten werden können. Schon im Vorfeld schickt Susanne an alle Teilnehmerinnen einen Fragebogen, der vor allem um zwei Themen kreist: Was brauche ich, wo will ich gerade hin – und was kann ich geben? Knowhow, Kontakte, Kapital? Das rückt von vorn herein die eigene Einstellung gerade: Dieses Treffen ist nämlich weder Einbahnstraße noch Selbstbedienungsladen. Networking ist nur dann fruchtbar, wenn sich das Geben und Nehmen ausgleicht. Prinzip doppelte Buchführung. Nicht unbedingt in jeder Zweierkonstellation, aber aufs Große, Ganze gesehen.
In dem hübschen Notizbüchlein, das Susanne Westphal jeder Teilnehmerin auf den Frühstücksplatz legte, stand am Ende des Tages bei mir jedenfalls eine doppelte Liste. Auf der Haben-Seite: eine tolle Idee, wie ich ungeliebte Aufgaben in meinem Job künftig so delegieren kann, dass es mich nicht viel kostet, und gleichzeitig jemand anderer inhaltlich davon profitieren könnte. Auf der Soll-Seite: die Berufsanfängerin auf Jobsuche mit meiner Freundin zusammenbringen, die bei einem Großkonzern im Personalwesen arbeitet. Die Sachbuchautorin mit einer Kölner Unternehmerin vernetzen, die vielleicht einen tollen Raum für eine Präsentationsveranstaltung hergibt. Der Astrologin einen Text über Teambuilding in der Familie schicken, weil sie das Thema privat interessiert. Denn auch das ist ein typischer Effekt beim Frauen-unter-sich-Coaching: Wenn man sich so ungeschminkt gegenüber sitzt, schärft das den Blick aufs Große Ganze, das wir unser Leben nennen. Und in dem Beruf und Privatleben meist nicht sauber getrennt sind, sondern ein System kommunizierender Röhren. Weil beide Pole Tankstellen sein können und genau so auch fiese Energieräuber.
Geistesblitze im Bademantel: eine Idee macht Schule
Die Markenberaterin Maren Martschenko hat die Erfahrung vergangenes Jahr in München so nachhaltig beeindruckt, dass sie ihren nächsten Workshop zum Thema „Eigensinn“ auch im Bademantel gehalten hat: vor einem voll bekleideten Publikum. Fazit: Wenn wir uns trauen, eigene Masken abzulegen und hinter die Fassade zu schauen, wenn wir uns verletzlich machen und gleichzeitig selbstbewusst damit klarkommen, dass uns nicht jeder gut findet, wie wir sind, dann können wir es weit bringen. Unabhängig davon, was das für jede einzelne heißt: Karriere machen im klassischen Sinn, die Selbständigkeit wagen, oder einfach mehr Erfüllung und bessere Verzahnung von Leben und Arbeiten. Einzig schlechte Nachricht: die nächsten Pooltag-Termine finden erst im kommenden Januar statt. Aber das Jahr ist ja noch jung, der Winter noch lang – und Nachahmung nicht verboten.
Liebe Verena,
du hast super auf den Punkt gebracht, was den Ideentauschs am Pool so besonders und wertvoll macht. “Wenn man sich so ungeschminkt gegenüber sitzt, schärft das den Blick aufs Große Ganze, das wir unser Leben nennen.” Genauso habe ich es auch erlebt. Magisch! Vielen Dank auch, dass den Bademantel-Talk verlinkt hast 🙂
Herzliche Grüße aus München nach Hamburg
Maren
Danke, liebe Maren! Vielleicht verbinde ich den nächsten Pool-Termin ja auch mal mit einer kleinen Reise nach München…