Karrieretipps für Frauen 40plus: ein Interview mit Sabine Hildebrandt-Woeckel

Karrieretipps für Frauen ab 40

Gründerin Sabine Hildebrandt-Woeckel (Foto: privat)

 40-something: Sie konzentrieren sich mit Ihrer Jobmesse und Kontaktbörse „Job40plus“ auf ältere Bewerber und Bewerberinnen mit viel beruflichem Knowhow. Neigt sich der Jugendwahn in deutschen Firmen dem Ende zu?

Sicher, der demographische Wandel ist überall spürbar, und die Unternehmen können ältere Bewerber nicht mehr so einfach vernachlässigen. Allerdings passiert dieses Umdenken langsam. Das liegt nicht nur an der Führungsriege, auch an den Personalreferenten und –referentinnen, die die Vorauswahl der Bewerber treffen. Das sind Einsteigerpositionen, die Leute sind also häufig zwischen 25 und 30, und allein aufgrund ihrer eigenen Perspektive sortieren sie oft vorschnell die Unterlagen von Leuten aus, die ihre Eltern sein könnten. Wer will es ihnen verdenken, in dem Alter findet man Menschen über 40 ja uralt und hält sie tendenziell für unfähig. Dazu kommt: Wenn die Budgets gerade knapp sind, dann werden auch häufig jüngere Bewerber bevorzugt, weil sie weniger kosten und dabei formbarer sind.

Und eine Jobmesse hilft, diese fiese Vorauslese zu umgehen?

Genau. Sonst bleibt auch qualifizierten Bewerbern in vielen Branchen nichts anderes übrig als zu warten, bis endlich der Headhunter anruft.

Stehen Männer und Frauen im mittleren Alter vor ähnlichen Herausforderungen bei der Jobsuche, oder gibt es Unterschiede zwischen den Geschlechtern?

Eigentlich nicht. Bis auf das Thema „Babypause“ – es kann für die Frauen problematisch werden, wenn sie zu lange ausgesetzt haben. Eine kürzere Familienauszeit ist dagegen völlig okay, die nehmen sich ja auch Männer heute zunehmend. Personaler sehen es eher als Vorteil, wenn das Thema Familiengründung bereits abgeschlossen ist und die Kinder gut untergebracht.

So richtig lange Babypausen gibt es heute aber doch zunehmend weniger, oder?

Das stimmt, Frauen steigen heute generell deutlich früher wieder in den Job ein als noch vor zehn, zwanzig Jahren. Problematisch ist, wenn eine Frau spät Kinder bekommen hat, dann für lange Jahre aussetzt und mit über 50 versucht, wieder in ihrem alten Bereich Fuß zu fassen. So hart es ist, solche Bewerberinnen sind kaum vermittelbar.

Dabei ist es ja nicht so, dass man während einer Familien-Auszeit nicht auch Kompetenzen und Erfahrungen sammeln würde – so als Managerin eines gutgehenden, kleinen Familienunternehmens….

Ehrliche Antwort? Das halte ich für völligen Quatsch. Jedenfalls nicht für eine erfolgversprechende Strategie. Klar ist das Alltagsleben mit Kindern per se fordernd, aber das ist doch kein Vergleich zu Müttern und auch manchen Vätern, die zu gleichen Teilen Job und Familie wuppen. Das ist echter Organisationsaufwand, damit kann man auch bei möglichen Arbeitgebern punkten, und dann kann man ruhig erwähnen, wo und wie man sich in den ersten Jahren außerdem noch engagiert hat, zum Beispiel im Elternrat oder im Fußballverein.

Wenn Sie sich die Bewerber auf den Jobmessen anschauen: Fehlt Frauen im Vergleich zu Männern nach wie vor das Selbstbewusstsein, oder ist das ein Klischee?

Doch, das beobachten wir häufig, vor allem beim Bewerbungsunterlagencheck. Es ist nur leicht überspitzt, wenn ich sage: Die Frauen kommen und fragen, wie sie ihre Mappen verbessern können, dabei sind die ohnehin meistens gut, weil sie sich vorher informiert haben, worauf es ankommt. Die Männer kommen an und wollen hören, dass alles gut so ist. Und wenn wir sie darauf aufmerksam machen, was nicht optimal ist, dann diskutieren sie eine Stunde und lassen hinterher alles so, wie es ist.

Das Misstrauen in die eigenen Fähigkeiten, vor allem die beruflichen, sitzt bei vielen Frauen offenbar sehr tief. Was ist Ihr Rat, um selbstbewusster zu werden?

Auch wenn es vielleicht seltsam klingt: Sich nicht zu sehr auf Beratungen einlassen, und vor allem nicht versuchen, es allen recht zu machen. Nichts gegen Coaching, im Gegenteil, aber Frauen neigen auch dazu, sich mehrere Meinungen einzuholen und versuchen, alle Ratschläge gleichzeitig zu befolgen. Das macht unauthentisch. In dem Punkt können Frauen sich eine Scheibe von Männern abschneiden: eigenständig Entscheidungen treffen, und dann auch dazu stehen.

Karrieretipps für Frauen ab 40

Stehparty für Bewerber: Hier kommen Arbeitgeber und Jobsuchende ins Gespräch (c) Job40plus.de

Wenn Bewerber über 40 sind, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass ihre neuen Chefs oder Chefinnen jünger sind als sie selbst. Ist das ein Problem, jemand zu respektieren, der noch in der Schule war, während man selbst schon im Berufsleben stand?

Für Männer eher als für Frauen. Generell würde ich sagen, Frauen akzeptieren Sachkompetenz eher und können auch die Stellung jüngerer Vorgesetzter respektieren, vorausgesetzt, die machen ihren Job gut.

In Zeiten der Online-Allgegenwart liebäugeln ja immer mehr Menschen mit dem Thema Selbständigkeit, weil das Internet es sehr viel leichter macht, sich ein Business aufzubauen, ohne allzu viel Geld in die Hand zu nehmen. Ist das eine ernst zu nehmende Alternative zur Festanstellung?

Da wäre ich vorsichtig, obwohl ich ja selbst mehrfach gegründet habe. Zum einen wird es Frauen immer noch schwerer gemacht als Männern, auch deshalb, weil sie zu wenig selbstbewusst sind, um offensiv Geld zu sammeln für eine Firmengründung. Zum anderen, speziell was das Thema Internet angeht: Es mag zwar vordergründig einfacher scheinen, sich zum Beispiel einen Online-Shop aufzubauen – aber einen Kundenstamm hat man dadurch noch lange nicht, das ist nicht einfacher als offline. Nicht viele können davon wirklich leben. Von den anderen Herausforderungen ganz abgesehen: keine Sozialversicherung, Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt, Schwierigkeiten bei der Kreditvergabe, und für den Fall, dass man durch längere Krankheit ausfällt, ist man auch nicht abgesichert. Das wird ja leider mit zunehmendem Alter eher mehr als weniger.

Würden Sie denn Ihre berufliche Selbständigkeit wieder eintauschen wollen?

Das nicht, weil für mich die Vorteile überwiegen, aber ich muss schon immer wieder kämpfen. Zum Beispiel gegen Herablassung: Während Männer in meinem Alter eher als seriöse, kompetente Typen betrachtet werden, wird eine Frau von über 50 leider weniger ernst genommen – oder behandelt wie die Assistentin, obwohl sie die Chefin ist. Das ist ein tiefsitzendes gesellschaftliches Modell.

Was tun Sie dagegen?

Die wirklich schlagfertigen Bemerkungen fallen mir leider immer erst Stunden später ein – da bin ich typisch Frau. Aber ich habe auch gelernt, dass bestimmtes weibliches Verhalten nicht zuträglich ist. Früher haben meine Geschäftspartnerin und ich zum Beispiel immer beim Messeaufbau mit angepackt – auch so ein Frauending, man ist sich für nichts zu schade. Bis wir gemerkt haben, dass es uns schadet, wenn wir am Anfang als Aufbauhelferinnen wahrgenommen werden und später erst als die Chefinnen der Veranstaltung.

Und wie machen Sie es jetzt?

Jetzt kommen wir erst dann mit Businesskostüm und Namensschildchen dazu, wenn alles fertig vorbereitet ist.

 

Über Job40plus: Als Noch-nicht-40-Something gründete die Münchner Wirtschaftsjournalistin, Sachbuchautorin und vierfache Mutter Sabine Hildebrandt-Woeckel (55) 1997 gemeinsam mit der Personal- und Karriereberaterin Christine Schretter die erste deutsche Jobmesse, die nicht nur Studenten und Absolventen ansprach. Ihr Konzept haben die beiden im Lauf der langen Jahre immer wieder modifiziert, und spezialisieren sich heute unter dem Label „job40plus“ auf Vermittlung von erfahrenen Fach- und Führungskräften, vorzugsweise aus dem technischen Bereich. Sechs bis acht Mal jährlich finden die Messen an verschiedenen Orten in Deutschland statt, zum Beispiel in Hamburg, München, Stuttgart und Köln, mit jeweils 15 bis 20 Ausstellern (darunter große Namen wie BMW, Audi und Bosch) und mehreren Hundert Jobsuchenden ab 40.

 

 

 

 

 

2 Replies to “Karrieretipps für Frauen 40plus: ein Interview mit Sabine Hildebrandt-Woeckel”

  1. Alexandra Monaco

    Grüß Gott und hallo,
    würde gerne regelmäßig News erhalten. Ist das möglich?
    Freue mich auf Ihr Feedback!
    Mit internetten Grüßen,
    Alexandra Monaco

    Antwort
    • Silke R. Plagge

      Liebe Alexandra,
      wir arbeiten daran! Als Bloggerinnen sind wir noch ganz frisch dabei, aber es wird einen Newsletter geben. Bis dahin findest du bei FB immer neue Infos oder eben regelmäßig auf der Startseite! Schön, dass dir 40-something gefällt!

      Herzliche internette Grüße zurück,
      deine Silke von http://www.40-something.de

      Antwort

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